Warum gerade jetzt der beste Zeitpunkt ist, dich selbst kreativ auszudrücken

Eine banale aber wahre Antwort gleich vorweg: Der beste Zeitpunkt ist immer jetzt. Damit wäre dieser Beitrag jetzt eigentlich zu Ende…

Es gibt aber noch weitere Gründe, also bitte dranbleiben:

 

Jetzt ist nicht nur der beste Zeitpunkt für dich, dich kreativ auszudrücken, sondern auch für mich. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, einen Blog über Kunsttherapie zu starten und glaube, das genau zur richtigen Zeit zu tun, in diesem Herbst im Jahr 2020, das seit dem Frühjahr im Zeichen der Covid 19-Pandemie steht.

 

Warum also gerade jetzt?

 

Die Idee, über eigenen kreativen Ausdruck, das uns allen innewohnende schöpferische Potenzial und über Kunsttherapie zu schreiben, trage ich schon längere Zeit in mir. Als Kunsttherapeutin, Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin beschäftige ich mich schon sehr lange mit Bildern, aber jeweils aus sehr unterschiedlicher Perspektive und mit ganz unterschiedlichem Zugang. Dazu werde ich später noch einen eigenen Beitrag schreiben. Zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich hervorheben, dass ich im Kontext der Kunsttherapie, sowohl in meiner Selbsterfahrung als auch in meiner Arbeit mit KlientInnen, den für mich zentralen Aspekt der Kunst erkannt habe: nämlich die wunderbare Möglichkeit, durch unser eigenes Gestalten Herz, Bauch und Kopf in Einklang zu bringen, unserer eigenen Lebensbewegung zu vertrauen und zu folgen und zu erkennen, dass alles bereits da ist. In uns ist alles angelegt, was wir für ein glückliches und erfülltes Leben brauchen. 

 

Ich möchte meine Begeisterung und mein Wissen mit möglichst vielen Menschen teilen und dich dazu anzuregen, deine eigene Kreativität auszuleben, darin einzutauchen, auf Entdeckungsreise zu gehen und regelmäßiges Gestalten mit künstlerischen Materialien in dein Leben zu integrieren. Wenn du dich auf dieses Experiment einlässt, wirst du auf ungeahnte innere Schätze stoßen und einen sehr wirksamen Weg finden, mit Emotionen umzugehen, sie im ganzen Körper zu fühlen, auszudrücken, zu be-greifen und dich mit all dem, was dich ausmacht, anzunehmen. Aus diesen Gründen werde ich in diesem Blog sowohl Beiträge veröffentlichen, in dem ich mein Wissen über die Psyche, den eigenen künstlerischen Ausdruck und Kunsttherapie teilen möchte, aber auch ganz konkrete Übungen für zu Hause, die bei der eigenen Selbsterfahrung helfen.

 

Aber noch einmal zurück zur Frage: Warum gerade jetzt?

 

In diesem Jahr ist die Corona-Pandemie eine globale Tatsache, die niemanden unbeeinflusst und unberührt lässt. Sie ist mehr oder weniger von außen über uns hereingebrochen als eine Bedrohung, die in unterschiedlichem Ausmaß unsere Gesundheit gefährdet, uns in der Gestaltung unseres Lebens und in unserer Freiheit maßgeblich einschränkt und uns in eine große Ungewissheit und Unsicherheit geworfen hat. Unabhängig davon, wie hoch wir das eigene Risiko einer Erkrankung einschätzen und auch unabhängig davon, wie wir zu den von den Regierungen verhängten Maßnahmen stehen, einem können wir uns alle nicht entziehen: unser Aktionsradius und damit unsere Handlungsmöglichkeiten wurden und werden nach wie vor massiv eingeschränkt. Diese Einengung von außen ruft in den meisten von uns großen Widerstand hervor, weil wir in unserem Bedürfnis nach Freiheit eingeschränkt werden - egal ob wir sie für gerechtfertigt halten oder nicht.

 

Da wir diesen Umstand aber nicht ändern können, bringt es uns nicht weiter, im Widerstand zu verharren. Stattdessen können wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Das mag zunächst wie eine Binsenweisheit klingen… Die Corona-Verordnungen zwingen uns in gewissem Ausmaß, in manchen Bereichen, zum Rückzug. Wie wäre es, wenn wir diese Situation zum Anlass nehmen, diesen Rückzug bewusst zu nützen, ihn sogar zu vertiefen und noch weiter zu gehen, den Radius noch enger zu ziehen und uns einmal die Zeit nehmen, ganz nach innen zu schauen? Auch wenn wir im Außen weniger aktiv sein können, vielleicht sogar in Quarantäne sind, gäbe es immer noch unzählige Möglichkeiten, sich abzulenken: socialmedia, Serien ansehen, ausmisten, stundenlange Telefonate etc. Doch wie wäre es, einmal ganz still zu werden und sich die Zeit zu nehmen, den Blick und die eigene Aufmerksamkeit ganz nach innen zu richten?

 

Es gibt verschiedene Wege, wie du dich mit deinem innersten Selbst verbinden kannst. Kunst schaffen ist ein möglicher und ein sehr lohnender. Beim Begriff „Kunst“ denkst du zunächst vielleicht an die Kunst, die in Museen hängt. Ein Kunstwerk ist in diesem Kontext ein Werk, in dem es vor allem um Originalität, Können oder gesellschaftlich relevante Aussagen geht. Das ist jedoch nicht die Art von Kunst, die ich meine. Eine andere mögliche Assoziation ist der Kunstunterricht in der Schule. Doch hier standen vor allem das Erlernen von bestimmten Fertigkeiten, die Erfüllung von Vorgaben und die Bewertung des fertigen Produktes und dergleichen im Fokus. Auch darum soll es hier nicht gehen.

Der Kunstbegriff, von dem ich hier spreche und der auch in der Bezeichnung Kunsttherapie enthalten ist, ist ein ganz anderer. Hier geht es um Selbstausdruck, um ein authentisches, unverstelltes, intuitives Ausdrücken von dem, das sich gerade in diesem Augenblick zeigen will. Es geht darum, mit Farben, Formen und Textur das zu gestalten, was ist.

 

Doch wie gelingt das?

 

Ich möchte das, wovon ich hier schreibe, mit einer kleinen Übung anschaulich machen.

Alles, was du dafür brauchst, sind zwei Blätter Papier und Buntstifte. Los geht’s!

 

1)       Nimm dir für diese Übung etwa 20 Minuten Zeit und such dir dafür einen Ort, an dem du ungestört bist.

 

2)       Nun wähle eine Farbe, die zu deiner momentanen Stimmung passt und kritzle mit deiner nicht dominanten Hand (wenn du normalerweise mit deiner rechten Hand schreibst, mit deiner linken) etwa eine Minute lang. Das ganze Papier darf ruhig ausgenützt werden, muss aber nicht, einfach locker draufloszeichnen, es ist nur ein Gekritzel, es hat keine besondere Bedeutung, alles ist erlaubt. Lass einfach den Stift über das Papier tanzen.

 

3)       Nun nimm das Blatt, betrachte es und schau, ob du darin eine Form erkennen kannst, die dir vertraut ist. Das kann alles Mögliche sein, bleib spontan. Vielleicht ist es ein Tier, ein Buchstabe, eine Welle, was auch immer. Zieh diese Form mit dem Buntstift nach, sodass sie deutlicher zu erkennen ist. Du kannst auch mehrere Formen auswählen.

 

4)       Nimm nun das zweite Blatt und gestalte mit deiner dominanten Hand diese Form (bzw. eine der Formen) auf einem neuen Blatt aus. Welchen Impuls spürst du? Was fühlt sich stimmig an? Alles ist erlaubt, du darfst dich von der ursprünglichen Form entfernen, folge ganz intuitiv deiner eigenen Bewegung und lass deine Hand einfach machen.

 

5)       Nun betrachte deine Gestaltung und lass sie auf dich wirken. Versuche, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:

 

       Wie war es, mit diesem Material zu arbeiten?

       Welche körperlichen Empfindungen sind während des Prozesses aufgetaucht?

       Welche Gefühle waren da? 

       Welche Gedanken sind aufgetaucht?

       Warum hast du diese Form gewählt? Was hat sie mit mir zu tun?

       Wie ist es, deine Gestaltung jetzt anzusehen? Wie kommt dir dein Bild entgegen?  

       Wie war es, mit deiner nicht dominanten Hand zu arbeiten und ohne Plan drauflos zu kritzeln? 

       Wie war es, spontan zu kritzeln und schließlich trotzdem eine Bedeutung darin zu finden?

       Wie möchtest du dein Bild benennen?

 

Diese kleine Übung hilft, nach innen zu schauen und etwas über sich selbst zu erfahren. 

 

Gleichzeitig veranschaulicht diese Einstiegsübung auch wesentliche Elemente der Kunsttherapie:

Es wird nicht gewertet. Wir nehmen achtsam wahr, was sich zeigt, es gibt kein richtig und kein falsch. Wir lernen keine Techniken, es geht nicht um ein Produkt, ein Ergebnis. Stattdessen steht der Prozess im Vordergrund. Wir erleben unseren eigenen Gestaltungsprozess, wir nehmen Gefühle, körperliche Empfindungen und  Gedanken wahr, erforschen diese und lassen uns vom Ergebnis überraschen. Wir kommunizieren über unsere Bilder, wir drücken vielleicht etwas aus, was wir mit Worten nicht greifen können. Wir verbinden uns mit uns selbst, mit unserem Inneren. Wir geben unseren inneren Bildern die Möglichkeit, aufzusteigen und sich zu zeigen.

 

Und was bringt dir das?

 

Darauf gibt es nicht nur eine einzige Antwort. Der kreative Selbstausdruck hat sehr viele positive Effekte auf das eigene Leben(sglück), und diese werden regelmäßig in meine nächsten Blogbeiträge einfließen. Für diesen Artikel möchte ich Elizabeth Gilbert zitieren, die in ihrem Buch „Big Magic“ so wunderschön in Worte gefasst hat, womit wir beschenkt werden, wenn wir nach innen schauen und unsere eigene Schöpferkraft aktivieren:  

 

Ich glaube, dass dies einer der ältesten und großzügigsten Streiche ist, den das Universum uns Menschen spielt, sowohl zu seinem eigenen als auch zu unserem Vergnügen: Tief in uns allen versteckt es unbekannte Edelsteine und tritt dann einen Schritt zurück und verfolgt, ob wir sie finden. Die Jagd danach, die Juwelen zu bergen - das ist kreatives Leben.“ 

(Elizabeth Gilbert, Big Magic. Nimm dein Leben in die Hand und es wird dir gelingen, Frankfurt am Main 2017, S. 18-19.)

 

Ich hoffe, dass dieser Blog dich dazu anregt, deine ureigenen Schätze zu entdecken und zu bergen.

 

Wenn dir der Artikel interessant und hilfreich erscheint, leite ihn bitte sehr gerne an deine Freundinnen und Freunde weiter.

 

Danke fürs Lesen und bis zum nächsten Mal!

 

Christa 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Heinz Ebenstein (Freitag, 30 Oktober 2020 20:50)

    Großartig- ich mache die Übung nächste Woche.....mal sehen. Lg heinz

  • #2

    Patrick Prucha (Freitag, 30 Oktober 2020 23:13)

    Ein sehr schöner Beitrag! Die Übung nehm ich mir gleich für dieses Wochenende vor - klingt sehr spannend! Danke!
    LG Patrick

  • #3

    Gabriele Nowotny (Dienstag, 24 November 2020 09:34)

    Die Gestaltung der Homepage hat mich überrascht,gefällt mir sehr!
    Die Übung finde ich gut,ich konnte völlig abschalten. LG Gabriele